Rekonstruktion von „Le Sacre du Printemps“ in der Choreographie von Mary Wigman aus dem Jahr 1957
Wigmans Sacre gelangte 1957 an der Städtischen Oper
Berlin mit dem dortigen Ballettensemble zur Uraufführung. Von ihrer
Choreografie existieren heute lediglich Skizzen, Fotos und Aufzeichnungen,
sowie das Wissen der damals an dem Werk beteiligten Tänzerinnen. Auf
dieser Grundlage rekonstruierte Henrietta Horn, gemeinsam mit Susan Barnett und
Katharine Sehnert die Choreografie.
Unterstützt wurden sie von den ehemaligen Wigman-Schülerinnen und -Tänzerinnen Emma Lew Thomas und Brigitta Herrmann aus den USA. Die beiden Tanzensembles der städtischen Bühnen Osnabrück und Bielefeld brachten die Rekonstruktion dieses Werkes in einer groß angelegten Kooperation mit ihren jeweils zehn TänzerInnen sowie fünf GasttänzerInnen, gespielt vom Osnabrücker Symphonieorchester bzw. den Bielefelder Philharmonikern, im November 2013 auf die Bühne zurück.
Das Bayerische Staatsballett München, Kooperationspartner des Projekts, übernimmt die von Osnabrück/Bielefeld rekonstruierte Fassung von Wigmans „Le Sacre du Printemps“ im Juni 2014 mit 43 TänzerInnen
Choreographie: Mary
Wigman
Rekonstruktion: Henrietta Horn (künstlerische Leitung), Susan Barnett, Katharine Sehnert
Beratung
und Unterstützung: Brigitta Herrmann, Emma Lewis Thomas,
Susanne Linke
Bühne
und Kostüm: Alfred Peter (nach Wilhelm Reinking)
Projektleitung:
Patricia Stöckemann
Assistenz: Susan McDonald, Miroslaw Zydowicz
Musik: Igor Strawinsky
Licht:
Peter Lorenz
Die
Erwählte: Vasna Felicia Aguilar, Hsuan Cheng,
Anna Eriksson, Hsiao-Ting Liao, Brigitte Uray, Kathrina Wilke
Der
Weise: Dirk Kazmierczak
Mütterliche
Gestalt: Claudia Braubach
Zwei
Priesterinnen: Chris Bauer, Da Soul Chung
Ein
Liebespaar: Saori Ando, Ursina Hemmi, Tim
Gerhards, Wilson Mosquera Suarez
Ein Jüngling: Gustavo Gomes, Tiago Manquinho
Anführer
des Männertanzes: Gianni Cuccaro, Amadeus Marek Pawlica
Chor
der Jünglinge: Etienne Aweh, Keith Chin, Gianni Cuccaro, Tim Gerhards, Gustavo Gomes,
Christopher Havner, Tiago Manquinho, Wilson Mosquera Suarez, Amadeus Marek
Pawlica, Simon Wiersma
Die
Gruppe der Ältesten: Miroslaw Zydowicz, Statisterie des Theaters Bielefeld
(Maximilian Blasius, Patrick Kaminski, Hans-Jürgen Neumann, Helmut Ritz,
Christian Schütz, Norbert Steidl)
Osnabrücker Symphonieorchester
Musikalische
Leitung: Daniel Imbal
Bielefelder
Philharmoniker
Musikalische
Leitung: Alexander Kalajdzic/ Elisa Gogou
Premiere
Osnabrück: 9.11.2013
Premiere
Bielefeld: 17.11.2013
Die
Uraufführung „Le Sacre du
Printemps“ von Mary Wigman fand am 24.9.1957 an
der Städtischen Oper Berlin statt.
„Le Sacre du Printemps“ wird gefördert von Tanzfonds Erbe – Eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes
Trailer Bielefeld
Pressetexte
Die Ästhetik des Stücks
FAZ, 12. November 2013, Wiebke Hüster
„Puristisch,
archaisch, avantgardistisch: Mary Wigmans 1957 uraufgeführtes Ballett ‚Le Sacre
du Printemps‘ ist kongenial rekonstruiert worden.“
„In Osnabrück stockte dem Publikum der Atem. Als würde man ein kostbares
Tafelbild nach Jahren der Restauration mehrmals wieder der Öffentlichkeit
präsentieren können, in frischen Farben, so wirkte ,Sacre‘: Alle Tänzerinnen
tragen lange Rasta-Perücken und schlichte ockerfarbene Kleider, die
Priesterinnen und die ‚Mütterliche Gestalt‘ graue Kutten und Hauben, die Männer
Erdtöne. Die ‚Erwählte‘ aber, bei der Premiere von Hsiao-Ting Liao getanzt,
sieht aus wie Martha Graham mit ihrer kirschroten, bodenlangen eleganten Robe.
Getanzt auf einer Elipse, die wie eine auf der Bühne abgestellte stufenhohe
aber nach hinten ansteigende Plattform aussieht, mutet die Ästhetik des Stücks
zugleich archaisch und modern an – Strawinskys Idee sehr gemäß. […] Das
bezwingende finale Solo stammt nicht von Mary Wigman, auch nicht von der
Originalbesetzung Dore Hoyer, sondern wurde aus Bruchstücken von Erinnerungen
der Beteiligten, sorgfältigem Archiv-Studium aller schriftlicher Niederlegungen
und Fotografien von Henrietta Horn imaginiert. Es ist so redlich gefertigt wie
die ganze Rekonstruktion, die den Blick der Gegenwart auf Mary Wigman
tatsächlich verändert, indem es sie als eine Modernere ausweist, als anzunehmen
war.“
Eine …ehrgeizige Aufgabe, die die beiden Häuser und das Rekonstruktionsteam bravourös gemeistert haben
die-deutsche-buehne.de, 11. November 2013, Bettina Weber
„Einzig mit
Skizzen und Notizen Wigmans, mit Fotos und Erinnerungen damals beteiligter
Tänzerinnen ausgestattet, hat das Team um die Künstlerische Leiterin Henrietta
Horn in einem aufwendigen Rekonstruktionsprozess die Inszenierung für die Bühne
,zurück‘ erarbeitet. […] Die Komposition Strawinskys, deren Herausforderungen
das Osnabrücker Symphonieorchester unter der musikalischen Leitung von Daniel
Inbal sich offenbar mühelos stellt, hat noch heute einen verstörenden
Charakter, der auf wilde Art das Innerste des Menschen anzurühren vermag. […]
Dominant sind auch die langen Kostüme, die Ausstatter Alfred Peter den
Originalen aus den Fünfziger Jahren nachempfunden hat, die aber durch
futuristische Schnitte angemessen modernisiert wirken. Hsiao-Ting Liao, die im
symbolisch blutroten Kleid in der Osnabrücker Premiere die Erwählte tanzt (die
Besetzung wechselt), zentriert mit ungeheurer darstellerischer Kraft die
Aufmerksamkeit auf das Opfer und tanzt die Figur mit großer Präzision und
persönlicher Haltung. […] Zweifellos ist hier ein Stück Tanzgeschichte
vitalisiert geworden, das diesen Abend zu einem der wichtigsten des
Sacre-Jahres 2013 macht. Eine wuchtige und ehrgeizige Aufgabe, die die beiden
Häuser und das Rekonstruktionsteam bravourös gemeistert haben.“
Die Gruppe bewegte sich wie aus einem Guss
Neue Osnabrücker Zeitung, 11. November 2013
„Er machte
leicht Frösteln, der starke Sog der einigen Menge und der Musik, die das
Opfergeschehen unerbittlich anfeuerte. Dabei tanzten das Osnabrücker und
Bielefelder Ensemble, ergänzt durch einige Gäste, fantastisch: Die 29-köpfige
Gruppe bewegte sich wie aus einem Guss. […] Bleiche Anspannung im Gesicht der
atemberaubenden konzentrierten Solotänzerin Hsiao-Ting Liao, krampfendes
Schwanken ihres Körpers, ekstatische Drehbewegungen mit dem plötzlichen innehalten,
wie es Mary Wigman praktiziert hat: Diesem von der Choreografin Henrietta Horn
rekreierten einstigen Solo Dore Hoyers sieht man nicht an, dass es auf kaum
mehr als Erinnerungen der Wigman-Tänzerinnen bauen konnte. […]
Ein erschütterndes Dokument der Nachkriegszeit
Berliner Zeitung, 18. November 2013
Mary Wigmans „Sacre“ ist ein erschütterndes Dokument der Nachkriegszeit. Gerade in seinem Versuch des Festhaltens dessen, was nicht zu halten ist, beschwört es einen unglaublichen Schrecken. Was für ein Kulturverlust die Nicht-Pflege des Tanzerbes bedeutet, macht dieser Tanzabend eindringlich deutlich.
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