Contrapunctus I 2020 | UA

Choreographin Henrietta Horn, Licht- und Videokünstler Reinhard Hubert und Musiker Matthias Geuting verbindet eine langjährige interdisziplinäre Zusammenarbeit. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, wie digitale Bilder, Klänge und Bewegung in Balance zueinander und in gegenseitiger Bereicherung eingesetzt werden können.

Grundlage ihrer Zusammenarbeit ist eine Komposition von Johann Sebastian Bach, Contrapunctus I aus „Die Kunst der Fuge“.

Konzept, Choreographie und Tanz:
Henrietta Horn
Licht, Video:
Reinhard Hubert
Musik:
Matthias Geuting
Kostüm:
Margit Koch
Videodokumentation:
Okba Hazeem

CONTRAPUNCTUS I ist eine Produktion von Henrietta Horn, gefördert vom Kulturamt der Stadt Essen.

Mit freundlicher Unterstützung von Familie Flöz und dem Maschinenhaus Zeche Carl/Essen, der Folkwang Universität der Künste Essen und der evangelischen Kirchengemeinde Essen-Werden.

Einblicke in Contrapuntus I 

Ausgewählte Pressetexte Dokumentation zur Entstehung des Stückes

Zur Entstehung des Stücks

Zur sensorischen Erfassung von Bewegung forsche ich seit vielen Jahren mit dem Videodesigner Reinhard Hubert.

Wir arbeiten derzeit mit einer Kinect. Der Kinect-Sensor erlaubt es, einen menschlichen Körper in seiner Grundstruktur – als Skelett – im 3D-Raum zu erfassen und z.B. zur Gestensteuerung zu verwenden.

Das Kinect-Gerät wirft mit einem Infrarot-Strahler ein Muster in den Raum und beobachtet dieses Muster mit zwei IR-Kameras. Anhand der Verzerrung und der relativen Abweichung der zwei Bilder berechnet die Kinect ein Tiefenbild. Aus dem Tiefenbild wird dann errechnet, ob und wo sich menschliche Körper, insbesondere die Gelenke, befinden.

MEHR ERFAHREN

Bettina Trouwborst | TANZweb.org | 10. Oktober 2020

Ein stilvoller Auftakt

„Contrapunctus I“ ist ein stilvoller Auftakt zu einer Komposition aus Johann Sebastian Bachs perfekt strukturierter „Kunst der Fuge“, der Altes mit Neuem zu verbinden sucht. Eine sympathische Miniatur von 30 Minuten, über die sich streiten lässt.

…Der alte Bach, die Tanzkunst und digitales Videodesign also – wie passt das zusammen? Das Trio hat bewiesen, dass es geht. Und auch wieder nicht. Matthias Geuting interpretiert die kontrapunktische Kunst aus den 1740er Jahren voller Ruhe, Gedankentiefe und Leichtigkeit. Es ist ein Genuss, ihm zuzuhören. Auf dieser Basis bewegt sich Horn analog zur Struktur dieser formstrengen Musik. Es ist vor allem eine Choreografie für die Arme, die sie erst schlicht, dann immer raffinierter und lebhafter führt. Drehungen und Sprünge fehlen ganz. Irgendwo immer noch dem deutschen Ausdruckstanz verbunden, bleibt Horn bodennah, raumgreifend und klar strukturiert.

…Hubert legt einen digitalen Vorhang aus Diagrammen über die Tänzerin. Das kann faszinierende Wirkungen erzielen – oder einfach nur stören. … Wenn die Kurve aber zu einer Säule wird und „Hieroglyphen“ exakt über Horn strömen wie ein Wasserfall, dann wird das Ganze zum Gesamtkunstwerk.

…Zweifellos, man hätte gerne mehr Tanz gesehen. Aber nicht auf Kosten dieser doch beeindruckenden visuellen Effekte.

…Es gibt Momente, da wirkt Henrietta Horn wie ein Opfer, eine Gejagte – von Huberts Zeichenflut und den nun schrägen Tönen des Organisten. Als sich dann eine blaue Farbfläche in der Bühnenmitte zeigt, die durch helle Balken zu Geometrie wird und die Tänzerin diejenige ist, die als Störfaktor irritiert, hat das Digitale die analoge Kunst mehr als bereichert.

Proben zu Contrapunctus I

R. Hubert und M.Geuting Sommer 2020 Berlin Studio Familie Floz

Contrapunctus-I-R.-Hubert-und-M.-Geuting-Sommer-2020-Berlin-Studio-Familie-Floz

Zur Entstehung des Stücks

Zur sensorischen Erfassung von Bewegung forsche ich seit vielen Jahren mit dem Videodesigner Reinhard Hubert.

Wir arbeiten derzeit mit einer Kinect. Der Kinect-Sensor erlaubt es, einen menschlichen Körper in seiner Grundstruktur – als Skelett – im 3D-Raum zu erfassen und z.B. zur Gestensteuerung zu verwenden.

Das Kinect-Gerät wirft mit einem Infrarot-Strahler ein Muster in den Raum und beobachtet dieses Muster mit zwei IR-Kameras. Anhand der Verzerrung und der relativen Abweichung der zwei Bilder berechnet die Kinect ein Tiefenbild. Aus dem Tiefenbild wird dann errechnet, ob und wo sich menschliche Körper, insbesondere die Gelenke, befinden.

Die so erfassten Bewegungsdaten können der tanzenden Person in vielfältiger Weise zurückgespielt werden.

Um die Bewegungsgenauigkeit der Kamera zu überprüfen, hat Reinhard ein Kugelwesen animiert, welches die Choreographie „mittanzt“. Die Ungenauigkeit der Bewegungserfassung ist sichtbar. Gleichzeitig erzeugt genau diese Ungenauigkeit einen wunderbaren eigenen Tanz, der, obwohl nur durch technische Unvollkommenheit erzeugt, fast menschliche Züge zeigt, zwischen zögern, hadern, eigenen Ideen und dann doch wieder Gemeinsamkeit und Miteinander. Ein sympathisches Wesen mit Unzulänglichkeiten.